Die Sprachphilosophie nimmt ihren
Weg vom Sprachvertrauen
(am Anfang war
das schöpferische, göttliche Wort) über die Sprachkrise bis hin zur
Sprachverweigerung.
Die Texte:
Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren
Sind Schlüssel aller Kreaturen,
Wenn die, so singen oder küssen,
Mehr als die Tiefgelehrten wissen,
Wenn sich die Welt ins freie Leben
Und in die Welt wird zurückbegeben,
Wenn sich dann wieder Licht und Schatten
Zu echter Klarheit werden gatten
Und man in Märchen und Gedichten
Erkennt die wahren Weltgeschichten,
Dann fliegt von einem geheimen Wort
Das ganze verkehrte Wesen fort.
Novalis
Wie satt ich diese Sätze habe, wie satt ich Geschichten habe, die sauber und mit allen vier Füßen auf dem Boden landen! Und wie sehr misstraue ich den säuberlichen, auf halbem Briefbogen geschriebenen
Lebensentwürfen. Und ich beginne mich nach einer Art Kleinkindersprache zu sehnen, wie sie Liebende benutzen, abgebrochene Wörter, unartikulierte Wörter, wie das Scharren von Füßen auf dem Pflaster.
Ich habe mir Tausende von Geschichten ausgedacht; ich habe unzählige Kladden mit Sätzen gefüllt, die ich verwenden wollte, wenn ich die wahre Geschichte gefunden hätte, die eine Geschichte, auf die sich alle diese Sätze beziehen. Aber ich habe diese Geschichte bisher noch nie gefunden. Und ich beginne mich zu fragen: Gibt es denn Geschichten? Ich werde scheitern und nichts hinterlassen als unvollkommene Sätze, mit Sand überstreut.
Virginia Woolf
Der Text braucht seinen Schatten. Dieser Schatten, das ist ein bisschen Ideologie, ein bisschen Darstellung, ein bisschen Subjekt: notwendige Geister, Luftblasen, Streifen, Wolken. Die Subversion muss ihr eigenes Halbdunkel hervorbringen.
Roland Barthes
Die Stimme hat sich anvertraut, nicht das, was sie sagt. Was sie sagt, die Geheimnisse, die du aufsammelst und umschreibst, damit sie Gültigkeit haben, musst du, ungeachtet ihres Versuchs, dich zu verführen, behutsam in das Schweigen zurückleiten, das du zunächst aus ihnen schöpftest.
Maurice Blanchot
Keine Sandkunst mehr,
kein Sandbuch,
keine Meister.
Nichts erwürfelt,
Wieviel?
Stumme?
Siebenzehn.
Deine Frage – deine Antwort.
Dein Gesang, was weiß er?
Tiefimschnee,
Iefimnee,
I – i – e.
Paul Celan



